Kaiserin Auguste Victoria auf Schloss Glücksburg

Kaiserin Auguste Victoria auf Schloss Glücksburg

Organisatoren
Stiftung Schloss Glücksburg; Abteilung für Regionalgeschichte, Historisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Ort
Schloss Glücksburg
Land
Deutschland
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
08.09.2023 -
Von
Thore Schlott, Abteilung für Regionalgeschichte mit Schwerpunkt Schleswig-Holstein, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Im Anschluss an eine Schlossführung eröffneten Prinz Christoph zu Schleswig-Holstein (Grünholz), Susanne Ascheron (Glücksburg) und Oliver Auge (Kiel) im Weißen Saal im Schloss Glücksburg das dritte geschichtliche Symposium, das sich den schleswig-holsteinischen Wurzeln der letzten deutschen Kaiserin Auguste Victoria (1858–1921) und ihrer Zeit auf Schloss Glücksburg verschrieben hatte. Prinz Christoph gab in seinen einleitenden Worten die familiäre Sicht auf Auguste Victoria wieder, die vor allem auf Briefquellen und Erzählungen von Zeitgenossen der Kaiserin beruht. Dabei hob er ihre nach seiner Ansicht enge Verbundenheit mit der Kirche und die karitativen Leistungen sowie die ausgleichende, aber auch sittenstrenge Natur Auguste Victorias hervor. Ascheron berichtete während der Begrüßung des Auditoriums von einer kürzlich unternommenen Reise in die Niederlande nach Schloss Doorn, dem letzten Wohnort des ehemaligen Kaiserpaares, und kündigte die Verlosung von zwei Paar Handschuhen Auguste Victorias auf Schloss Glücksburg an. Die erfolgreiche Geschichte des Symposiums auf Schloss Glücksburg, das 2023 schon zum dritten Mal stattfand und wie die beiden vorherigen Veranstaltungen dieser Art gut besucht war, stellte Auge heraus. Darüber hinaus verdeutlichte er die Wichtigkeit des Transfers zwischen der Regionalgeschichte und einem interessierten Publikum, der dazu beträgt, die enge Verbundenheit der letzten Kaiserin und des Hauses Augustenburg mit der Stadt Glücksburg den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Symposiums näherzubringen.

Den Auftakt boten die Ausführungen von FRANK LUBOWITZ (Flensburg) zu den Augustenburgern und der Schleswig-Holstein-Frage. Zunächst zeigte er das politische Geschehen auf, in dessen Mitte sich die Augustenburger im 19. Jahrhundert befunden hätten, als sie sich auf die Seite der revolutionären Bewegung in Schleswig und Holstein stellten. Dafür beleuchtete er den politischen Weg des Hauses Augustenburg, das seit 1633 bestand, seinen Namen seit Ernst-Günther I. von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg trug und einen Herzogstitel ohne dazugehörige landesherrliche Rechte führte. Der gesellschaftliche Aufstieg gelang den Augustenburgern nach Lubowitz‘ Worten im Zuge der Heirat Friedrich Christians II. mit Prinzessin Luise-Auguste, der Schwester des dänischen Königs, wodurch die augustenburgischen Herzöge Zugang zum dänischen Königshof und zur königlichen Erbfolge erhielten. Lubowitz bezeichnete die Diskussion über das Erbrecht in Schleswig als große Streitfrage des 18. und 19. Jahrhunderts, in deren Verlauf Herzog Christian August II. sich auf die Seite der Liberalen im Land gestellt und unter anderem liberale Zeitungen unterstützt habe. Der Eskalation der Schleswig-Holstein-Frage 1848 folgte demnach der Bürgerkrieg, in dem Christian Augusts Bruder, der sogenannte Prinz von Noer, die militärische Führung übernahm, und der die Flucht der Familie Augustenburg von der Insel Alsen zur Folge hatte. Die beiden augustenburgischen Prinzen wurden nach dem Scheitern der Schleswig-Holsteinischen Erhebung allen Ämtern enthoben und aus den Landen ausgewiesen, wie Lubowitz darstellte. Weiter referierte er über das Auftreten Friedrichs VIII. von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg auf der politischen Bühne im Jahr 1863, der die augustenburgischen Erbansprüche mit der demokratischen Bewegung in Schleswig und Holstein verbunden, jedoch keine Unterstützung durch Preußen und Österreich bzw. die verantwortlichen Bundeskommissare erfahren habe, sodass der Traum eines augustenburgischen Schleswig-Holsteins spätestens seit dem preußischen Sieg über Österreich 1866 hatte begraben werden müssen. Schließlich stellte Lubowitz das Ende der Augustenburger dar, die sich nach 1866 nach Schloss Primkenau in Schlesien ins Privatleben zurückzogen und 1931 ausstarben. Obwohl noch eine Straße in Kiel an das Haus Augustenburg erinnert, seien die Augustenburger heute nicht mehr bei vielen Menschen in Schleswig-Holstein im Gedächtnis, wie Lubowitz betonte.

Den zweiten Vortrag der ersten Sektion widmete OLIVER AUGE (Kiel) den Glücksburgern zur Zeit Auguste Victorias. Das Schloss Glücksburg, der Veranstaltungsort des Symposiums, sei nach dem Verlust im Zuge der Schleswig-Holsteinischen Erhebung im Jahr 1871 an Herzog Carl von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg vom dänischen König Friedrich VII. zurückgegeben worden, wodurch die Glücksburger von der neuen Ausstattung des Schlosses profitieren konnten, so Auge. Er führte aus, dass die Schwester der letzten deutschen Kaiserin, Caroline Mathilde, mit Herzog Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg vermählt war, weshalb enge familiäre Verbindungen Auguste Victorias zum Haus Glücksburg bestanden hätten. Auge beleuchte außerdem die Frage, ob die Vermählung Auguste Victorias mit dem späteren Kaiser Wilhelm II. als Aussöhnung der Augustenburger mit dem preußischen Königshaus und Angebot der Verständigung an die Bevölkerung in Schleswig und Holstein verstanden werden könnte, da die Augustenburger traditionell lange Zeit mit dem dänischen Königshaus eng verbunden gewesen seien. In jedem Fall sei die Heirat Caroline Mathildes mit Friedrich Ferdinand nach den Worten Auges günstig für die Reputation des Hauses Glücksburg gewesen, da es die Glücksburger über Caroline Mathildes Schwester Auguste Victoria in die Nähe des deutschen Kaisers gebracht hätte. Auge verdeutlichte, dass auch in der folgenden Generation die Hochzeiten für die Reputation der Glücksburger vorteilhaft ausgefallen seien, da Heiraten mit dem Haus Hohenlohe und dem preußischen sowie dänischen Königshaus vereinbart wurden, wobei die Hochzeiten zu einem großen Teil auffällig zwischen den Polen Dänemark und Preußen stattgefunden hätten. Obwohl die Mitgiften für die Töchter aus dem Haus Glücksburg teils beträchtlich ausgefallen seien und die Glücksburger Herzöge selbst nicht regierten, konnten diese am Ende des Kaiserreichs auf einen stattlichen Geld- und Landbesitz sowie eine gute Vernetzung in die höchsten Kreise des Kaiserreichs zurückgreifen, wie Auge resümierte.

Die zweite Sektion des Symposiums auf Schloss Glücksburg eröffnete JÖRG KIRCHSTEIN (Potsdam) mit seinem Vortrag über Auguste Victoria als Repräsentantin des Kaiserreichs. Kirchstein strich heraus, dass während Auguste Victorias Kindheit ihre Heirat ins preußische Königshaus noch nicht absehbar gewesen sei und die Erziehung, die Auguste Victoria genoss, ihrer späteren Stellung als deutschen Kaiserin nicht hätte gerecht werden können. Auch ihre Bildung, die sich hauptsächlich auf Religion und Musik bezog, sei nicht ausreichend gewesen, so Kirchstein, weshalb zeitgenössische Kritiker sie als nicht geeignet für die Rolle der Kaiserin gesehen hätten. Ihre sittenstrenge Religiosität und protestantische Frömmigkeit hätten auf Auguste Victorias Zeitgenossen sogar besonders altmodisch gewirkt, wie Kirchstein feststellte. Die Kaiserin widmete ihr Engagement dutzenden Schirmherrschaften, die sie über verschiedene Einrichtungen und Institute innehatte, wobei die Förderung des Kirchenbaus nach Kirchsteins Worten im besonderen Interesse Auguste Victorias gelegen habe. Der Referent sagte weiter über das Familienleben der Kaiserin, dass Auguste Victoria der Mittelpunkt der kaiserlichen Familie und das Familienleben nach außen hin ohne Skandale gewesen sei, während jedoch zeitgenössische Quellen auch ein anderes Bild gezeichnet hätten. Nichtsdestotrotz sei Auguste Victoria im Volk als Landesmutter gesehen worden, die in Kriegszeiten die Moral beispielsweise durch viele Lazarettbesuche gehoben habe, auch wenn diese Besuche nicht immer erfolgreich verlaufen seien. Nicht nur für das Kaiserreich, sondern auch für den Kaiser selbst sei Auguste Victoria demnach eine Stütze gewesen, da sie schlechte Nachrichten über den Kriegsverlauf von Wilhelm II. ferngehalten habe, wie Kirchstein darlegte. Das Kriegsende und die Umwandlung der Monarchie zur Republik sei von Auguste Victoria mit tiefer Traurigkeit aufgenommen worden, da sie die Monarchie eigentlich hätte bewahren wollen, weshalb sie am 1. November 1918 den persönlichen Kontakt zum Reichstag gesucht habe. So fasste Kirchstein zusammen, dass Auguste Victoria nach Kriegsende zwar rückwärtsgewandt an den Traditionen des Kaiserreichs festgehalten habe, in Bezug auf ihr Engagement für Kriegsversehrte den Problemen der Zeit aber auf Augenhöhe begegnet sei.

Im folgenden Vortrag der zweiten Sektion vollzog SUSANNE BAUER (Trier) einen historischen Vergleich, indem sie die letzte deutsche Kaiserin den anderen preußischen Königinnen vor ihr mit der Frage gegenüberstellte, ob Auguste Victoria als Landesmutter überhaupt außergewöhnlich gewesen sei. Das Hauptaugenmerk lag neben Auguste Victoria auf der ersten deutschen Kaiserin, Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, die nach den Worten Bauers eine schwierige Beziehung zu Otto von Bismarck gehabt habe, wie Bismarck in seinen Memoiren vermerkte. Auch Augusta sei ähnlich wie Auguste Victoria nicht auf die Rolle der Kaiserin vorbereitet gewesen, da ihre spätere Stellung zum Zeitpunkt ihrer Heirat nicht abzusehen gewesen sei. Zwar hätten die Kaiserinnen Vorbilder in den jeweiligen vorangegangenen Generationen gesucht, doch hätte nicht nur auf die Vergangenheit geschaut werden können, da jede Herrscherin in ihrer Zeit mit neuartigen Herausforderungen habe kämpfen müssen. Bauer führte aus, dass die Kaiserinnen sich vor allem im Bereich der Wohltätigkeit profiliert und Schirmherrschaften übernommen hätten, wobei die Förderung des Kirchenbaus und der Säuglingsversorgung wichtige Anliegen Auguste Victorias gewesen seien. Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld war nach Bauer der Bereich der politischen Einflussnahme, auf dem sich gerade Augusta – im Gegensatz zum Vorurteil der unpolitischen Herrscherin – politisch gegenüber der Linie ihres Mannes, beispielsweise während des Kulturkampfes, positionierte. Mit Blick auf Auguste Victoria sei eine derartige Aussage über ihre politische Einflussnahme schwieriger zu treffen, da die Quellendichte sehr viel dünner als bei Augusta sei, so Bauer. Dennoch unterstrich die Referentin, dass Auguste Victoria in politischen Angelegenheiten weniger ihrem Mann widersprochen habe als Augusta Wilhelm I. Gerade Auguste Victoria sei der Nachwelt viel mehr im Gedächtnis geblieben, was Bauer unter anderem mit der großen Anzahl an Fotos, die von Auguste Victoria aufgenommen wurden, sowie ihrem unverwechselbaren Stil begründete. So setzte Auguste Victoria als Landesmutter nach Bauers Worten verglichen mit ihren Vorgängerinnen sowohl Traditionen fort, als auch eigene Akzente, wie etwa ihre Unterstützung für Verwundete im Ersten Weltkrieg im Zuge von unzähligen Lazarettbesuchen.

Den letzten Vortrag des Tages widmete CLAUDIUS LOOSE (Kiel) den Besuchen Auguste Victorias auf Schloss Glücksburg, wobei er sich auf ihre Besuche als Kaiserin beschränkte. Auguste Victoria und Wilhelm II. seien gern gesehene Gäste in Glücksburg gewesen, sodass sie vier Mal gemeinsam an die Flensburger Förde reisten, während Auguste Victoria Glücksburg allein sogar zwölf Mal besuchte. Die Reise sei zumeist mit dem Zug oder der kaiserlichen Yacht bewältigt worden, so auch am 7. September 1890, als das Kaiserpaar vorher ein Flottenmanöver in Flensburg besuchte. 1894 habe der erste alleinige Besuch der Kaiserin in Glücksburg stattgefunden, die gemeinsam mit dem Herzogspaar nach Glücksburg gefahren sei. Der letzte Aufenthalt in Glücksburg fand vom 10. bis 12. Oktober 1905 während der Hochzeit der Nichte der Kaiserin, Victoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, statt. Bei längeren Aufenthalten des Kaiserpaares habe die Zeitung täglich in allen Einzelheiten über die Reise und den Aufenthalt berichtet. Dazu seien Paraden, Spaliere, Fackelzüge und Musik im Programm fest verankert gewesen. Bei den Aufenthalten des Kaiserpaares seien mehr Menschen an einem Tag nach Glücksburg gekommen als sonst in der ganzen Saison, wie Loose unterstrich. Während der Besuche habe die Kreisbahn auf allen Strecken Sonderzüge und das Glücksburger Postamt extra 15 Mitarbeiter eingesetzt, wodurch die Wichtigkeit der kaiserlichen Besuche für Glücksburg nach Looses Worten deutlich wird. Der Referent sagte zudem über die Organisation der Besuche des Kaiserpaares, dass für die Besuchszeit extra ein Fernmeldeamt in Glücksburg eingerichtet wurde, um den Kontakt nach Berlin während des Aufenthalts zu gewährleisten. Nach den Ausführungen Looses, sei aus den Korrespondenzen der Kaiserin ersichtlich, dass Auguste Victoria gern in Glücksburg gewesen sei und traurig war, als sie während des Krieges nicht an die Förde kommen konnte. Nach der abschließenden Darstellung Looses würden die genannten Aufzeichnungen noch viele weitere spannende Aspekte über das Kaiserpaar und dessen Glücksburgbesuche bereithalten, doch sei ein Großteil dieser Quellen bisher nicht untersucht worden.

Die vielschichtigen Sektionen und spannenden Vorträge des dritten Geschichtssymposiums auf Schloss Glücksburg konnten einen wichtigen Beitrag zum eingangs von Auge beschworenen Transfer zwischen der Regionalgeschichte und der Öffentlichkeit leisten, wie die rege Beteiligung des interessierten Publikums in Form von Fragen und Anregungen belegte. Dass die Beschäftigung mit Kaiserin Auguste Victoria auf Schloss Glücksburg nicht nur auf die Vergangenheit schaute, sondern auch auf die Zukunft gerichtet ist, zeigt die Erstellung eines Sammelbandes, in dem die wichtigsten Inhalte sowie neuen Erkenntnisse des Symposiums umfassend und zeitnah veröffentlicht werden. In diesem Sinne dankte Prinz Christoph allen Beteiligten für die fruchtbare Zusammenarbeit.

Konferenzübersicht:

Susanne Ascheron (Glücksburg), Oliver Auge (Kiel), Prinz Christoph zu Schleswig-Holstein (Grünholz): Tagungseröffnung

Frank Lubowitz (Flensburg): Die Augustenburger und die Schleswig-Holstein-Frage

Oliver Auge (Kiel): Die Glücksburger zur Zeit Auguste Victorias

Jörg Kirchstein (Potsdam): „… eine brave Frau, aber schrecklich“. Auguste Victoria als Repräsentantin des Kaiserreichs

Susanne Bauer (Trier): Auguste Victoria als Landesmutter im historischen Vergleich

Claudius Loose (Kiel): Der Norden lockt – Kaiserin Auguste Victoria zu Besuch auf Schloss Glücksburg

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